Das süchtige Gehirn

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Heute weiß man, dass Sucht eine Erkrankung des Gehirns ist. Ob Alkohol, verschreibungspflichtige Schmerzmittel, Nikotin, Glücksspiel, Geldsucht oder was auch immer - die Überwindung einer Sucht ist nicht so einfach wie das Aufhören oder eine bessere Impulskontrolle. Denn Sucht entsteht, wenn die Lustschaltkreise im Gehirn so überlastet werden, dass sie chronisch und manchmal sogar dauerhaft werden. Darum geht es, wenn von “Belohnungssystemen” oder “Schaltkreisen” und der Rolle des Dopamins im Zusammenhang mit Sucht die Rede ist. Aber was bedeutet das eigentlich?

Einer der primitivsten Teile des Gehirns, das Belohnungssystem, hat sich entwickelt, um Verhaltensweisen zu verstärken, die wir zum Überleben brauchen – wie zum Beispiel Essen. Wenn wir essen, aktivieren die Belohnungsbahnen eine Chemikalie namens Dopamin, die ein Gefühl der Befriedigung auslöst. Das ermutigt uns, in Zukunft wieder zu essen.

Wenn jemand süchtig nach einer Substanz wird, beginnt sich das Gehirn zu verändern. Dies geschieht, weil süchtig machende Substanzen eine Überreaktion auslösen, wenn sie das Gehirn erreichen. Statt eines einfachen, angenehmen Dopaminschubs verursachen viele Drogen wie Opioide, Kokain, Nikotin oder alle Arten von Alkohol eine Überflutung der Belohnungsbahn mit Dopamin, zehnmal mehr als bei einer natürlichen Belohnung.

Das Gehirn erinnert sich an diese Überflutung und verbindet sie mit dem Suchtmittel. Bei chronischem Konsum passen sich die Schaltkreise im Gehirn jedoch mit der Zeit an und werden weniger empfindlich für Dopamin. Das Erreichen des angenehmen Gefühls wird immer wichtiger, aber gleichzeitig entwickelt sich eine Toleranz und es wird immer mehr von der Substanz benötigt, um den ersehnten Rauschzustand zu erreichen.

Sucht kann auch zu Problemen mit der Konzentration, dem Gedächtnis und dem Lernen führen, ganz zu schweigen von der Entscheidungsfindung und dem Urteilsvermögen. Der Griff zu Drogen und Alkohol wird also eher durch Gewohnheit als durch bewusste, rationale Entscheidungen bestimmt.

Leider ist der Glaube weit verbreitet, dass Menschen mit Suchtproblemen einfach schlechte Entscheidungen treffen. Darüber hinaus werden durch die Verwendung stigmatisierender Begriffe wie “Junkie”, “Süchtiger” und “Abstinenzler” oft Barrieren für den Zugang zu einer Behandlung geschaffen. Auch die Behandlungsmethoden sind mit einem Stigma behaftet, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.

Auch wenn die Behandlungsmöglichkeiten je nach individueller Vorgeschichte und Abhängigkeit variieren, können Medikamente einen entscheidenden Unterschied machen. Viele Menschen glauben, dass das Ziel der Behandlung einer Opioidabhängigkeit beispielsweise darin besteht, überhaupt keine Medikamente einzunehmen. Die Forschung zeigt jedoch, dass medikamentöse Behandlungen am wirksamsten sind – sowohl bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit als auch bei Glücksspiel- oder Geldsucht. Die Opioidkonsumstörung ist ein medizinischer Zustand wie Depression, Diabetes oder Bluthochdruck, und wie bei diesen Erkrankungen wird sie am wirksamsten durch eine Kombination aus Medikamenten und Beratung behandelt.